Ein Blick in das katholische Eichsfeld
Das Eichsfeld ist das größte geschlossene Gebiet auf
dem Boden der DDR. Nach einer Statistik von 1925 waren über 86% der Bevölkerung
des Eichsfeldes katholisch. Das sich dieses auf verschiedenen Gebiete bemerkbar
machte und das Land innerlich und äußerlich prägte, ist verständlich.
Am meisten beeindruckend ist die Zähheit mit der die Eichsfelder noch bis
heute an ihren Glauben festhalten. So auch am 21. März 1933 als Eichsfelder
aus Heimat und Freude den Grundstein zu den Großen Leuchtkranz zur Erinnerung
an den Paderborner Bischof Dr. Konrad Martin legten. Dieser Tag war wahrhaftig
kein Bekenntnis zum Nationalsozialismus, sondern gab Zeugnis von der Glaubenstreue
und der Heimatverbundenheit aller Eichsfelder.
Der Beginn der Naziherrschaft
Was Konrad Martin 1874 den Eichsfeldern auf dem Hülfensberg
nachgerühmt hatte, "dass sie noch kernhaft und gesund sind, dass sie
noch treu feststehen auf katholischem Grund und boden", das sollte sich
im 20. Jahrhundert in noch ganz anderem Maße bewähren müssen,
als der Nationalsozialismus über Deutschland kam. Das Eichsfeld kam -gegen
den Willen der Bevölkerung- zum Trutzgau Thüringen.
Gauleiter Saukel erklärte: "Das Eichsfeld kommt erst dann wieder von
Thüringen los, wenn es wie wir zum Nationalsozialismus steht!"
Der NSDAP standen die Bewohner misstrauisch und abwertend gegenüber. Um
so mehr versuchten gerade hier die Naziapostel und Wanderredner aus Weimar,
die Menschen zu bearbeiten.
Die letzten freien Wahlen am 5. März 1933
Bei den letzten, noch verhältnismäßig freien
Wahlen, die Deutschland erleben sollte, konnten die Nationalsozialisten zum
ersten Mal die gesamten riesigen Mittel des Staates einsetzen. Goebbels jubilierte:
"Nun ist es leicht, den Kampf zu führen", schreibt er am 3. Februar,
"denn wir können alle Mittel des Staates für uns in Anspruch
nehmen!" (Rundfunk, Presse, Geld, ...)
Nach den Nazis nun alle Mittel der Reichsregierung und der preußischen
Regierung zur Verfügung standen und ihre Kassen gefüllt waren von
dem Geld diverser Großunternehmer, machte die NSDAP eine Wahlpropaganda,
wie sie Deutschland noch nie zuvor gesehen hatte.
Die Stimmen Hitlers, Goebbels und Görings tragen die Rundfunkwellen in
jeden Winkel des Landes. Auch in das Eichsfeld. Dennoch stimmte die Mehrheit
des deutschen Volkes am 3. März 1933 gegen Hitler:
NSDAP - 43,9%
Deutschnationalsozialisten - 8%
Zentrum + katholische,
bayrische Volkspartei - 13,5%
Nur mit Hilfe der Deutschnationalen konnte Hitler die Wahl für sich verbuchen.
Drei Jahre später, bei den "Wahlen", am 29. März 1936, wurde
überall die Politik des Führers mit 99,0% der abgegebenen Stimmen
gebilligt. Das es dabei nicht mit rechten Dingen zuging, weiß jeder. Zusammenfassende
Worte des Eichsfelder Historikers Dr. Johannes Müller: "Hätte
man 1933 überall wie im Eichsfeld gewählt, so wäre Deutschland
und die Welt vor dem Hitlerwahnsinn verschont geblieben, ...!"
Über zwei Jahre waren seit der "Machtübergreifung" vergangen,
und immer noch stand das Eichsfeld innerlich abseits trotz der Gleichschaltung
mit dem Trutzgau Thüringen. Es war ein weißer Fleck auf der hell-
und dunkelbraunen Landkarte des Nationalsozialismus. Dieser musste verschwinden!
Am 18. August 1935 wollte man in Heiligenstadt bei einer Kundgebung "die
Herzen der Eichsfelder erobern". Alles, was der braunen Psychologie zur
Verfügung stand wurde eingesetzt. Massenaufstand von HJ, SA, SS, RAD, NSKK,
sämtliche Parteigrößen von Thüringen und der Weltanschauungspapst
Alfred Rosenberg. Jedodoch blieb die große Menge der Eichsfelder nüchtern
und ablehnend.
Der Kirchenkampf
23. März 1933: Hitler bezeichnet beide christliche Konfessionen
als "wichtige Faktoren über der Erhaltung unseres Volkstums",
während er in vertrauten Kreisen längst seine negative Einstellung
zum Christentum entwickelte.
Konzentrationslage im Eichsfeld
Außenstelle Niederorschel
Das Verhältnis der katholischen Eichsfelder zum Nationalsozialismus zeigt
sich deutlich an einem speziellen Fall - den KZ-Häftlingen von Niederorschel.
In der alten Weberei am Bahnhof befand sich ein Nebenlager von Buchenwald. Die
meisten Eichsfelder wussten nichts von einer derartigen Situation, nicht einmal
Dorfbewohner.
Das Lage existierte vom 6. Februar 1944 bis zum 2. Ostertag 1945. Etwa 100 Häftlinge
befanden sich von Februar bis September dort. Später waren es ca. 800 (80%
Juden). Sie waren im Websaal untergebracht. Hygienische Verhältnisse waren
wie fast überall, menschenunwürdig.
Es starben 375 Personen, durch menschenunwürdige Behandlung. Trotzdem galt
das KZ als "relativ" human, sicher nicht zuletzt wegen der Berührung
mit Christen.
Die Ereignisse die sich im Eichsfeld abspielten sind nur ein kleiner Ausschnitt
von dem Schrecken, der sichin Deutschland abspielte.
Maria - Schutzpatronin des Eichsfeldes
Zwar ist Maria nicht der einzige Grund, warum die Eichsfelder
so stark an ihrem Glauben festhielten, aber dennoch ein wichtiger.
Das Eichsfeld ist seit Jahrhunderten Marienland. Da katholische Eichsfeld war
in hohem Maße immun gegen die Verlockungen des 3. Reiches.
Reichstagswahlen am 5. März 1933
Parteien: 1. Zentrum 2. SPD
3. KPD 4. NSDAP